Neue Wege bei der Azubi-Suche für Handwerker

Neue Wege bei der Azubi-Suche für Handwerker

Das bekannte Problem von vielen Handwerksbetrieben ist, dass Ausbildungsstellen häufig unbesetzt bleiben. Das hat enorme Auswirkungen auf die Zukunftsfähigkeit des Handwerks. Unbesetzte Ausbildungsplätze sind mit einer der Ursachen des stetig steigenden Fachkräftemangels. Der Mangel an gut ausgebildeten Handwerksgesellen hat auch Konsequenzen für die Nachfolgeregelung von erfolgreichen Betrieben. Woran liegt das und was können Handwerksbetriebe tun, um das Handwerk für junge Leute wieder attraktiv zu machen?
 

Warum jährlich Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben

Harte Arbeit, frühes Aufstehen und geringe Vergütung. Das sind die negativen Assoziationen, die Schulabsolventen mit einem Handwerksberuf in Verbindung bringen. Unsere Gesellschaft trimmt die Jugendlichen darauf, dass ein Studium der Königsweg zum Erfolg ist. Das Studium setzt jedoch die Fachhochschulreife oder Hochschulreife voraus. Abiturienten nehmen überwiegend den direkten Weg zur Universität. Viele Handwerksbetriebe legen bei der Suche Ihrer Auszubildenden häufig Wert auf das Abitur. Abiturienten müssen jedoch nicht unbedingt die besseren Handwerker sein.

Eine Stellenbeschreibung, die das Abitur anfordert, schreckt Schulabgänger mit einem mittleren Schulabschluss oder Hauptschulabschluss häufig ab. Dadurch dezimieren die Betriebe von vornherein die Anzahl der Bewerbungen. Viele Betriebe übersehen auch das große Potenzial von Studienabbrecher. Laut Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF ist die Studienabbrecherquotein Deutschland mit 29 % bei den Bachelorstudiengängen relativ hoch. Hier bietet sich für Betriebe die Möglichkeit, die Jugendlichen in ihrer Entscheidungsphase von einer Ausbildung oder einem dualen Studium zu überzeugen.

 

Die Vorteile einer Ausbildung fokussieren

Was vielen Jugendlichen nicht bewusst ist, sind die vielen Vorteile einer Ausbildung. Jobs im Handwerk haben Zukunft. Der Arbeitsmarkt erlebt zunehmend eine Überflutung von Akademikern, dagegen ist die Anzahl der Handwerker in den letzten Jahren rückläufig. Wer einen zukunftssicheren Beruf sucht, ist daher im Handwerk sehr gut aufgehoben. Gut ausgebildete Handwerker sind auch über die nächsten Jahrzehnte gefragt, denn die meisten Handwerksarbeiten sind von Maschinen oder Robotern nicht durchführbar.

Video: Meister statt Master: Handwerk for the win

Ein weiterer großer Vorteil bei der Ausbildung ist die regelmäßige Vergütung. Diese steigt mit jedem Ausbildungsjahr und muss ab 2020 mindestens 515 € im ersten Ausbildungsjahr betragen. Im Gegensatz zum Studium bekommt man in der Ausbildung Geld für das Erlernen eines Berufs und genießt die erste finanzielle Unabhängigkeit. Man lernt nicht nur das für den Beruf nötige Fachwissen, sondern lernt Verantwortung zu übernehmen, übt seine Kritikfähigkeit und fördert seine Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein. Eine Lehre bedeutet Theorie und Praxis-Erfahrung sammeln und das Gelernte ist direkt anwendbar.

Nach Abschluss einer Berufsausbildung ist der Grundstein für die Karriere gelegt. Zudem gibt eine abgeschlossene Berufsausbildung Sicherheit. Die Möglichkeiten nach einer erfolgreichen Ausbildung sind enorm vielfältig. Gerade im Handwerk ist das Interesse der Betriebe groß, die Gesellen zu übernehmen und diesen einen sicheren Arbeitsplatz zu bieten. Denn gute Fachkräfte sind für Handwerksbetriebe existenziell.

Video: Duale Ausbildung im Handwerk vs. Studium

Nach der Ausbildung muss aber auch im Handwerk noch lange nicht Schluss sein. Weiterbildungen wie der Meister oder ein berufsspezifisches Studium, sind weitere Karrierestufen, die genommen werden können. Der Weg in die Selbstständigkeit mit einem eigenen Betrieb ist im Handwerk gut zugänglich. Gerade in der heutigen Zeit sind viele Betriebe auf der Suche nach einem Nachfolger. Die Nachfolge in einen erfolgreichen, alt eingesessenen Handwerksbetrieb macht den Einstieg in die Selbstständigkeit durchaus einfacher.

Gehen Sie auf die Jugendlichen zu

Um die Jugendlichen von einer Ausbildung im Handwerk zu überzeugen, sollten Schulen, Betriebe, Verbände und Berufsberatungsstellen aktiv handeln. Betriebe sind gut beraten, wenn sie sich davon lösen, die Stellenausschreibungen nur auf Abiturienten zu reduzieren. Auch Schüler mit einer schwierigen schulischen Laufbahn verdienen eine Chance.

Eine realitätsnahe Aufklärung über die Handwerksberufe ist für die Jugendlichen wichtig. Dafür sind die Präsenz und der Informationsaustausch in Schulen und bei Jobmessen ein guter Weg. Ausbildungsbörsen, die in vielen Städten regelmäßig stattfinden, oder die Vorstellung des Unternehmens in der Schule bei einem Berufsorientierungstag kann den ersten Kontakt mit potenziellen Auszubildenden ermöglichen.

Betriebe, die jährlich Schulpraktika anbieten, können die in Frage kommenden Schüler direkt im Betrieb über die Ausbildung aufklären. Schulpraktika sind für beide Seiten eine gute Möglichkeit Eindrücke zu sammeln. Denn hier gilt die Devise: „Probieren geht über studieren“. Insbesondere mit Praxis-Aufgaben sind die Bewerber, die wirklich für den Beruf geeignet sind, auszufiltern. Ein Schüler mit überragendem Zeugnis muss nicht zwingend handwerklich begabt sein. Auch ein Tag der offenen Tür ist eine sinnvolle Gelegenheit herauszufinden, wer eine gute Bindung zum Beruf hat und eine gute Alternative zu Praktika, um Jugendliche für freie Ausbildungsplätze zu gewinnen.

Neue Wege beim Recruiting gehen 

Unsere Gesellschaft und Arbeitswelt sind immer mehr von der Digitalisierung geprägt. Da muss das Recruiting am Ball bleiben. Besonders Jugendliche die mit der Digitalisierung aufgewachsen sind, sind über die Social Media Kanäle zu erreichen. Viele Handwerksbetriebe haben bereits einen Firmen-Account bei Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook oder Twitter.
Diese eignen sich nicht nur dafür freie Ausbildungsplätze bekannt zu geben, sondern auch mit Fotos und Videos über die Ausbildung zu informieren. Halten Sie die Außenwelt up to date mit Neuigkeiten aus Ihrem Unternehmen. Mit Social Media Kanälen können Betriebe auf sich aufmerksam machen und nicht nur potenzielle Auszubildende, sondern auch Kunden und Fachkräfte von sich überzeugen.

Auch interessant:

Frankfurter Allgemeine Zeitung: AUSBILDUNG IM HANDWERK: Lackieren geht über Studieren
Deutsche Handwerks Zeitung: Erfolglose Azubi-Suche: Woran Betriebe scheitern

 

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