Ratgeber: Einbruchschutz – wirksame Maßnahmen gegen Langfinger

Ratgeber: Einbruchschutz – wirksame Maßnahmen gegen Langfinger

Langfinger haben das ganze Jahr Saison, zur Urlaubszeit und in der dunklen Jahreszeit jedoch Hochsaison. Die gute Nachricht ist, dass laut der aktuellen Einbruchstatistik des Bundeskriminalamts die Einbruchrate im Jahr 2017 gesunken ist. Mit über 100.000 erfassten Fällen in Deutschland bei einer Aufklärungsquote von 17,8 % sollte das jedoch noch keinen Anlass zur Entspannung geben. Spezielle technische Sicherheitssysteme und die richtigen Verhaltensregeln sind geeignete Maßnahmen um das Zuhause, das Büro oder die Werkstatt vor Einbrüchen zu schützen.

Technische Einbruchsicherung

Um Gebäude einbruchsicher zu machen, sind mechanische und elektronische Systeme einsetzbar. Die Bereiche der technischen Einbruchsicherung sind:

  • Fenstersicherung
  • Türsicherung
  • Überwachung

Fenstersicherung

Die Fenster sind die größten Schwachstellen. Dabei ist nicht die Glasscheibe der wesentliche Schwachpunkt, sondern die Verriegelung, da diese ohne geeignete Sicherungsmechanismen leicht aufzuhebeln ist. Zudem ist das Einschlagen der Fenster durch Verbundglas erschwert und verursacht zudem laute Geräusche, was Einbrecher möglichst zu verhindern versuchen. Da einbruchsichere Fenster eine zwar gute aber teure Lösung sind, ist das Nachrüsten der Fenstersicherung die bessere und günstigere Alternative. Mechanische Fenstersicherungen wie:

  • Absperrbare Fenstergriffe
  • Einbruchshemmende Fensterbeschläge
  • Pilzkopfzapfenbeschläge
  • Aufschraubsicherungen
  • Zusatzschlösser
  • Sicherheitsfolien
  • Vergitterung

Mit Schlüssel abschließbare Fenstergriffe sind nachrüstbar und erhöhen die Verankerung. Dadurch kann das Entriegeln von außen verhindert werden. Auch verschließbare Zusatzschlösser können nachträglich an der Fensterinnenseite montiert werden. Wichtig ist, dass die Bandseiten gesichert sind und dass nicht nur Montageschaum den Rahmen im Mauerwerk hält.

Besonders wirksam sind Pilzkopfzapfenschläge und Aufschraubsicherungen nach DIN 18104. Sie verhindern, dass Einbrecher das Fenster aufhebeln können. Gerade im Erdgeschoss sollten Fenster nach der Norm DIN EN 1627 geprüft sein und mindestens der Widerstandsklasse RC2 mit einer Widerstandszeit von 3 Minuten entsprechen.

Widerstandsklassen RC (RC=Resistance class) RC1 – RC6

Widerstandsklasse DIN EN 1627WiderstandszeitDefinition
RC1 Nbis max. 3 MinutenGeringer Grundschutz gegen Aufbruchversuch durch körperliche Gewalt oder einfache Hebelwerkzeuge. Schutz vor Vandalismus. Für Fenster im Obergeschoss ohne Zugangsmöglichkeit.
RC2 N3 MinutenGrundschutz gegen Aufbrechen mit einfachen Werkzeugen (Keil, Schraubendreher, Zange). Standardfensterglas ohne einbruchshemmende Wirkung. Für Fenster im Obergeschoss
RC2 3 MinutenGrundschutz gegen Aufbrechen mit einfachen Werkzeugen von mindestens 3 Minuten. Verglasung gemäß EN 356.
RC3 5 MinutenSchutz gegen Aufbrechen mit den gängigen Werkzeugen wie Brecheisen und/oder zwei Schraubendreher. Die Bauteile müssen dem Aufbruchsversuch mindestens 5 Minuten standhalten.
RC4 10 MinutenSchutz gegen Aufbrechen durch erfahrene Täter mit Säge- und Schlagwerkzeugen, Axt, Stemmeisen als auch Akku-Bohrmaschine. Die Bauteile müssen dem Aufbruchversuch mindestens 10 Minuten standhalten.
RC515 MinutenSchutz gegen Aufbrechen durch erfahrene Täter mit zusätzlich eingesetzten Elektrowerkzeugen. Die Bauteile müssen dem Aufbruchversuch mindestens 15 Minuten standhalten. Angriffshemmende Verglasung nach EN 356.
RC620 MinutenSchutz gegen Aufbrechen durch erfahrene Täter mit zusätzlich eingesetzten Elektrowerkzeugen. Die Bauteile müssen dem Aufbruchversuch mindestens 20 Minuten standhalten. Angriffshemmende Verglasung nach EN 356.

Verglasung nach DIN EN 356

Einbruchsichere Fenster sollten mit Verbundsicherheitsglas (Panzerglas) oder einbruchshemmender Sicherheitsfolie ausgestattet sein oder damit nachgerüstet werden. Eine Verglasung mit Sicherheitsglas nach DIN EN 356 ist in Widerstandsklassen gegliedert. Die Widerstandsklassen (P) bestimmen die Durchwurfhemmung (A) und die Durchbruchhemmung (B) von Sicherheitsglas. Im Prüfverfahren der Durchwurfhemmung wird das Resultat der Fallhöhe einer 4,11 kg schweren Metallkugel mit einem Durchmesser von 100 mm ermittelt. Bei der Prüfung der Durchbruchhemmung wird der Durchbruch der Verglasung mit einer Axt bewirkt. Dabei wird versucht, das Glas mit 30 bis über 70 Axtschlägen zu durchbrechen.  Empfehlenswert ist eine Verglasung ab der Widerstandsklasse P4A.

Definition der Durchwurfhemmung

WiderstandsklasseFallhöhe MetallkugelWiederholungen
P1A1,5 m3
P2A3 m3
P3A6 m3
P4A9 m3
P5A9 m>3

Definition der Durchbruchhemmung

WiderstandsklasseAnzahl Axtschläge
P6B30 -50
P7B51 -70
P8B>70

Für die Sicherung von Erdgeschoss-Fenster eignet sich auch die Vergitterung. Hier empfehlen sich stabile Fenstergitter nach DIN 1627, deren Material und Konstruktion sicher gegen Demontage sind. Da jedoch Fenstergitter nicht jedermanns Sache ist, ist eine Fenstersicherung mit einer Kombination aus rundherum angeordneten Pilzkopfzapfen, abschließbaren Fenstergriffen oder Zusatzschlösser und einer Sicherheitsscheibe oder durchwurfhemmenden Sicherheitsfolie eine gute Lösung mit hohem Schutz.

Türsicherung

Zu einer umfassenden technischen Einbruchsicherung ist die Türsicherung ebenso entscheidend, wie die Absicherung der Fenster. Für die Sicherung von Haus- und Wohnungstüren, Terrassen- und Balkontüren sowie Seiteneingängen, gibt es für Neubauten als auch zur Nachrüstung gute Möglichkeiten, die einen Einbruch erschweren oder sogar verhindern.
Sicheres Türschloss mit SchlüsselUm Haus- und Seiteneingänge einbruchsicher zu machen, empfiehlt sich der Einbau einer Sicherheitstür mit einer Widerstandsklasse von RC4. Dabei muss nicht auf Design verzichtet werden. Der Markt bietet eine große Auswahl an Sicherheitstüren, die auf die individuellen Bedürfnisse in Bezug auf Funktionen, Sicherheitseigenschaften und Design konfigurierbar sind. Vorhandene Türen können nachträglich mit mechanischen Sicherungen einbruchsicher gemacht werden. Das bietet sich gerade bei Türen in gemieteten Wohnräumen oder gewerblichen Objekten an. Das Nachrüsten des Einbruchschutz ist mit den nachstehenden Mechanismen möglich:

  • Türketten
  • Schutzrosetten
  • Querriegelschlösser
  • Panzerriegel (Balkenschlösser)
  • Schließbleche
  • Scharnierseitensicherungen
  • Zusatzschlösser

Weitverbreitet an Wohnungstüren sind Türketten, die sich ohne großen Aufwand schnell montieren als bei einem Auszug auch demontieren lassen.
Eine schnelle und einfache Lösung ist auch das Nachrüsten von Schutzrosetten. Diese verhindern, dass der Einbrecher mithilfe einer Schraube und Spezialwerkzeugen den Zylinder aus der Tür herausreißen kann.
Zusatzschlösser mit Sperrbügel eignen sich für Wohnungstüren. Diese werden an der Türinnenseite und dem Türrahmen montiert. Mit einem Zusatzschloss mit Sperrriegel lässt sich die Tür wie bei einer Türkette nur einen Spalt weit öffnen.
Panzerriegel bieten eine sehr hohe Schutzwirkung. Panzerriegel werden quer an der Türinnenseite und der Wand verankert und sichern durch die Doppelverriegelung über die gesamte Türbreite einen hohen Widerstand gegen gewaltsames Eindringen.
Um das Aufhebeln der Tür zu erschweren, sind Schließbleche geeignet. Schließbleche können an Eingangstüren als auch Zimmertüren montiert werden.
Scharnierseitensicherungen decken die Türscharniere ab, sodass Hebelwerkzeuge nicht daran angesetzt werden können. Diese Sicherung ist an Terrassen- und Balkontüren sehr gut anwendbar. Balkon- und Terrassentüren lassen sich auch mit Rollgittern oder Gittertüren absichern. So abgesichert, können Fenstern und Türen auch aus Kippe belassen werden.
Nachrüstsätze und Zusatzschlösser sollten nach DIN 18104 geprüft sein. Die Polizei empfiehlt Zylinderschlösser, die nach DIN 18251 zertifiziert sind. Für Profilzylinder gilt die Norm 18252.

Einbruchschutz durch Überwachung und Alarmanlage

Zu den elektronischen Systemen gehören die Überwachungskameras und Alarmanlagen. Diese Systeme können zwar ein gewaltsamen Einbruch nicht aufhalten, jedoch schlagen sie durch die Überwachung als auch Abschreckung durch lautes Sirenensignal so manchen Langfinger in die Flucht. Alarmanlagen mit Einbruchsmeldeanlage informieren direkt einen Wachdienst oder die Polizei.

Drei Überwachungskameras auf einem Dach

Für den Einsatz von Alarmanlagen oder Überwachungskameras sollte eine Beratung durch Fachleute vor Ort erfolgen.
Den effektivsten Einbruchschutz bietet eine Kombination aus mechanischen und elektronischen Systemen. Zudem sind auch Alarmtürstopper, Bewegungsmelder und Rolladensysteme mit Zeitschaltuhren gute Maßnahmen um Einbrecher abzuwehren. Für einen optimalen Einbruchschutz, ist es immer sinnvoll, sich bei den Beratungsstellen der Polizei intensiv zu informieren. 

Präventive Verhaltensregeln

Neben dem Einbruchschutz durch technische Sicherung sind die nachstehend aufgeführten Verhaltensregeln nicht nur einfach und kostengünstig, sondern auch durchaus effektiv.

  • Terrassen, Türen und Fenster auch bei kurzer Abwesenheit schließen
  • Gekippte Fenster sind eine Einladung für jeden Einbrecher
  • Bei Verlust der Schlüssel müssen die Schließzylinder umgehend ausgetauscht werden
  • Keine versteckten Schlüssel im Außenbereich! das ist grob fahrlässig
  • Bei Eingangstüren mit Glaseinsätzen sollte der Schlüssel niemals innen stecken bleiben
  • Permanent geschlossene Rollläden suggerieren Abwesenheit
  • Nicht unüberlegt die Tür öffnen. Gegensprechanlagen oder ein Blick durch den Türspion schafft Klarheit
  • Gegenseitige Nachbarschaftshilfe ist Gold wert!

 

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